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Famulaturbericht - Carpina, Centro Social Madre Virginia

von ZHB

leider haben wir das mit dem e.V. etwas vermasselt
leider haben wir das mit dem e.V. etwas vermasselt

Während meiner Examenszeit zog ich oft in Betracht nach erfolgreichem Abschluss meines Studiums die Möglichkeit eines Auslandaufenthaltes zu nutzen. Je mehr sich dieser Wunsch verfestigte, desto mehr begann ich mich umzuhören und im Internet nach Möglichkeiten und Projekten zu recherchieren um diesen Traum zu realisieren. Durch Zufall und über ein paar Ecken erfuhr ich von dem zahnärztlichen Hilfsprojekt Brasilien e.V. und innerhalb kürzester Zeit und nur einem Telefonat mit dem Leiter des Projekts Ruben Beyer später, war die Sache beschlossen. Alles verlief sehr unkompliziert und verständlich.

Bevor ich mich also im Februar für 6 Wochen nach Brasilien begeben würde, sprach ich schon mit einigen Vorgängern und erfuhr auf diese Weise, welche Materialien vor Ort dringend benötigt werden. So konnte ich dann mit Hilfe meines Freundes, welcher mir während der Zeit in Brasilien assistierte, das Interesse einiger Sponsoren wecken und treffsicher Spenden sammeln. Durch die beeindruckende Großzügigkeit erhielten wir viele Materialien, die für die angestrebten Behandlungen unabdingbar waren.

Am 10. Februar gingen wir dann mit hunderten von Zahnbürsten und -pasten, etlichen Amalgamampullen und vielem mehr an Bord des Flugzeuges, welches uns über Lissabon nach Recife bringen sollte. Geflüchtet vor der eisigen Winterkälte Deutschlands, wurden wir dann am Flughafen in der wohltuenden Wärme herzlich empfangen. Die erste Nacht verbrachten wir im Blindeninstitut in Recife, wo wir auch direkt unsere ersten Kollegen kennenlernten, welche ihre Famulatur in diesem Institut absolvierten. Sie erzählten uns von ihren Tagesabläufen bei der Behandlung der blinden Patienten, sodass wir uns schon einmal einen kleinen Überblick über unsere zukünftigen Tätigkeiten verschaffen konnten.

Am nächsten Tag ging unsere Reise weiter nach Carpina, ins Centro Social Madre Virginia. Dabei handelt es sich um eine Schule, welche aus den Kindergarten- und Vorschulgruppen, sowie den Klassen 1-5 besteht.  Dort angekommen, empfingen uns die 5 Nonnen, mit denen wir die nächsten Wochen verbringen sollten.  Diese arbeiten nicht nur in dieser Schule, sondern leben auch vor Ort. Durch ihre Herzlichkeit und Gastfreundschaft fühlten wir uns direkt sehr wohl.

Der erste Tag wurde uns zum Zurechtfinden und Einleben freigestellt. Wir waren sehr überrascht über die Vielfalt an Materialien, die zur Verfügung standen. Außer einem Röntgengerät war alles vorhanden, was man zur Behandlung benötigte. Von rotem und grünem Winkelstück bis hin zu Gerätschaften für die Autoklave war der Behandlungsraum sehr gut ausgestattet. An dieser Stelle wurde uns bewusst, wie viel Arbeit und Engagement in dieses Projekt investiert wurde.

Nach dieser Eingewöhnungszeit begann also unser erster Arbeitstag um 8 Uhr morgens. Wir bekamen die Listen aller Schüler, unterteilt in Klassen und Kindergarten- bzw. Vorschulgruppen. Diese sollten möglichst alle durchgecheckt und nach Befund behandelt werden. Die erste Nervosität legte sich sehr schnell, nachdem wir merkten, wie aufgeschlossen die Kinder waren. Sie freuten sich regelrecht auf die deutschen „Dentistas“. So verliefen also unsere Behandlungstage: morgens um 8 Uhr das Consultorio Odontológico aufschließen, die ersten Kinder befunden und behandeln, um dann um 12 Uhr pünktlich zum Tischgebet zu erscheinen.

Dieses Ritual erwies sich im Laufe unserer Zeit als ein sehr schöner Brauch, denn gemeinsam mit den Nonnen wurde pünktlich gebetet und anschließend gegessen. Von Feijoada über Tapioka bis hin zur süßen Avocadocreme - die Köchin war eine Göttin!! Das Essen war absolut genial! So genial, dass wir an den meisten Tagen mit viel zu vollem Magen um 14 Uhr wieder an die Arbeit gingen. Zeitgleich mit dem Schulschluss der Kinder endete auch unser Arbeitstag gegen 17 Uhr. Der Ablauf entwickelte sich zur Routine und so verging Tag für Tag.

Die Freitage waren kurze Tage. Das hieß morgens um 8 Uhr wie immer in die weißen Kasacks und Hosen schlüpfen und bis 12 Uhr behandeln. Mittags dann natürlich zunächst das Tischgebet, das leckere Essen genießen und dann war schon Wochenende angesagt.

Carpina liegt ca. 60 km von Recife entfernt, die Busverbindung ist jedoch hervorragend, denn alle 10 Minuten fährt ein Bus. Die Fahrt von 2 Stunden kommt einem viel kürzer vor, da man bei jeder Fahrt viel von der Natur und den Menschen mitbekommt. Während der zweistündigen Fahrt werden nämlich so einige Haltestellen angefahren und an jeder gibt es etwas Neues zu entdecken. In Recife hatten wir dann die Möglichkeit bei den anderen frisch Approbierten, welche dort im Institut eingeteilt waren, zu übernachten. Gemeinsam konnten wir unsere Wochenenden gestalten. Das Reisen in Brasilien erwies sich als sehr günstig, denn sowohl die Fahrten mit dem Bus oder Uber, als auch die Preise der Hostels waren mit ca. 15 Euro die Nacht inkl. Frühstück pro Person erschwinglich.

Ein ganz besonderes Highlight war der Karneval. Jeder weiß vom Hörensagen, dass Brasilien und Karneval eine Symbiose ergeben. Das Ganze jedoch vor Ort und hautnah zu erleben ist eine ganz andere Nummer. Von klein bis groß, von jung bis alt, alle waren gemeinsam auf der Straße. In der alltäglichen Hitze so ausgelassen zu feiern war bewundernswert, denn wir waren schon vom bloßen Stehen in der Sonne ziemlich fertig. Doch durch die Hilfe der Nonnen hatten wir nicht nur die Möglichkeit den größten Karnevalszug der Welt mitzuerleben, sondern auch dies auf einer Tribüne zu tun, die uns etwas Schatten in dieser unglaublichen Hitze bot. Karneval in Brasilien präsentierte uns auf eine sehr besondere Art die Mentalität und Lebensfreude der Brasilianer. Denn auch mit den Kindern in Carpina wurde nicht wenig gefeiert.

Nach dem Karnevalswahnsinn ging dann der normale Alltag weiter: 8 Uhr Behandlungsbeginn, 12 Uhr beten und Essen, 17 Uhr Arbeitsende und die Wochenenden mit den anderen „Zahnis“ in Recife verbringen. So verging die Zeit sehr, sehr schnell. Und so standen die letzten Tage auch schneller als uns lieb war vor der Tür. Für diesen letzten Zeitraum hatten wir uns die Gruppenprophylaxen vorgenommen. Ausgestattet mit Zahnpasten und -bürsten besuchten wir alle Klassen und verteilten die mitgebrachten Spenden. Immer griffbereit war auch Teddy, unser Maskottchen mit riesen Gebiss zum Demonstrieren. Dabei stießen wir auf unglaublich viel Freude und Motivation. Das gemeinsame Zähneputzen verlief prima und die Kinder putzten mit vollem Elan. 

Mit den Prophylaxen endete leider auch unsere Arbeit an dem Projekt.

Der Abschied war sehr emotional, denn die unglaublich tolle Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Nonnen, Schüler und der gesamten Mitarbeiterschaft der Schule machte den Abschied nicht einfach. Aber wie sagt der Volksmund so schön? „Man soll aufhören, wenn‘s am schönsten ist“.

In diesem Sinne bedanken wir uns in erster Linie bei Ruben Beyer, der uns dieses unvergessliche Abenteuer so unkompliziert ermöglicht hat und neben seiner Tätigkeit in der eigenen Praxis jederzeit ein offenes Ohr hatte.

Ein riesen Dank geht auch an alle Firmen, die uns in Form von Sachspenden tatkräftig unterstützt haben. Ohne diese Spenden wäre ein Projekt wie dieses nicht möglich. Mein besonderer Dank geht dabei an:
Abena, Beviston, HenrySchein, SDI Germany, Transcodent, Oral-B, Sporthaus Babion in Steinheim Westf., Buchhandlung Wedergärtner in Steinheim Westf., Sparkasse und Volksbank in Steinheim Westf. und an alle, die auch unsere Vorgänger zuvor unterstützt haben und unsere Nachfolger weiter unterstützen werden. VIELEN DANK.  

Ein Abenteuer wie dieses kann ich nur jedem weiterempfehlen. Es war eine unbeschreiblich schöne und bereichernde Zeit, welche mich als ersten Schritt ins Arbeitsleben unglaublich motiviert und gefestigt hat.
Muito obrigada por tudo!!

Abraço,  

Lava und Marco

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