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Famulatur im Zahnärztlichen Hilfsprojekt Brasilien e.V. - Olinda, nördlich von Recife
von ZHB
Februar 2015
Schon früh im Studium beschäftigte uns der Gedanke eine Auslandsfamulatur zu machen. Durch die Fachschaft stießen wir auf den gemeinnützigen Verein „Zahnärztliches Hilfsprojekt Brasilien e.V.“, der unter der Leitung von ZA Ruben Beyer mehrere Behandlungsstationen an katholischen Schulen für Kinder aus den Favelas in und um Recife im Nordosten Brasiliens betreibt. Das Interesse war sofort geweckt. Die Famulatur sollte nach Abschluss des Examens stattfinden, da in Brasilien nur approbierte Zahnärzte behandeln dürfen. Also stellten wir etwa ein Jahr bevor es losgehen sollte den Kontakt zu Ruben her und bekamen auch schnell eine Zusage für Februar 2015.
Den Flug buchten wir ca. 6 Monate im Voraus bei der portugiesischen Fluglinie TAP, die 2x 32kg Freigepäck pro Person erlaubt und dadurch den problemlosen Transport der Materialspenden für das Projekt ermöglichte.
Nachdem der Prüfungsstress endlich vorbei und das Examen in der Tasche war, gingen die Vorbereitungen in die heiße Phase. Wir holten uns im Tropeninstitut die nötigen Impfungen (Gelbfieber, Tollwut, Typhus, Meningokokken) und schrieben fleißig Dentalfirmen wegen Sachspenden an. An dieser Stelle nochmals vielen Dank für die großzügige Unterstützung! Ein weiterer wichtiger Punkt in der Vorbereitung war die Sprache. Vor Allem im Norden Brasilien spricht wirklich kaum jemand Englisch oder Spanisch. Portugiesisch ist also zumindest in Grundzügen ein absolutes Muss. Ich habe im 9ten Semester eine Sprachkurs Portugiesisch A1 besucht. Falls diese Möglichkeit nicht besteht, kann ich die Lernplattform babbel.com oder das Buch „Brasilianisch für Dummies“ empfehlen.
Anfang Februar reisten wir dann endlich nach Olinda, nördlich von Recife. Dort waren wir im Educandario Santa Tereza, einem Kloster mit integrierter Schule für ca. 100 Mädchen, untergebracht. Unsere Unterkunft war ein Gebäude auf dem Gelände. Jeder hatte ein eigenes Zimmer mit Klimaanlage und ein eigenes kleines Bad. Die Einrichtung war insgesamt eher schlicht, für den Aufenthalt aber auf jeden Fall ausreichend. Es gibt auch wlan und Computer für die Kommunikation nach Hause. Sehr wichtig ist es jedoch ein eigenes Mückennetz und Mückenschutzmittel mitzunehmen, da das Klima sehr feucht ist. Was das Essen angeht wurden wir sehr verwöhnt! Es gab fast jeden Tag 3 warme Mahlzeiten. Häufig Fleisch mit Bohnen und Reis. Dazu fast täglich frisches Obst und frischgepresste Säfte, Kekse, und auch 1-2 Mal in der Woche Nachtisch oder Kuchen.
Das Behandlungszimmer in Santa Tereza ist gut ausgestattet. Das einzige was wirklich fehlt ist ein Röntgengerät. Die genaue Bedienung der Kavo- Einheit, des Kompressors und des Steris konnten wir in dem Ordner mit Erfahrungsberichten unserer Vorgänger vor Ort nachlesen. Vormittags waren die älteren Mädchen im Alter zwischen 10 und 16 Jahren in der Schule. Diese Mädels haben schon viel Zeit im Educandario verbracht und sind relativ gut saniert.
Behandlungsschwerpunkt war hier vor Allem Prophylaxe, Fissurenversiegelungen und Füllungen. Am Nachmittag kamen die Mädchen im Alter zwischen 6 und 10 Jahren, deren Mundhygiene doch noch etwas zu Wünschen übrig ließ. Wir haben viel Putztraining und Mundhygiene-Instuktionen gemacht, Fissurenversiegelungen, Milchzahnfüllungen und auch einige Milchzahnextraktionen. Hier war es manchmal schwierig, da die Mädchen teilweise große Angst hatten und oft auch die Eltern keine wirkliche Hilfe waren. Wir hatten Kinder-Kanülen für die Spritze bekommen und haben meistens nur intraligamentär anästhesiert, was für die Meisten fast vollständig schmerzlos war.
Es gab auch einige spannende Fälle, wie z.B. Zähne mit Fisteln oder ein Mädchen mit MIH. Jedes Mädchen muss eine Einverständniserklärung des Vormundes mitbringen. Das funktioniert leider weniger gut, sodass leider viele der Kinder deshalb auch nicht behandelt werden konnten. Insgesamt kann man aber behaupten, dass das Behandlungsniveau sehr nahe an den deutschen Standard herankommt.
Für die Organisation des Behandlungsablaufes und auch bei Problemen arbeiteten wir eng mit der Sozialarbeiterin Dalila und den Schwestern Irmã Maria-Alves und Irmã Tarciana zusammen, die wirklich immer sehr engagiert, hilfsbereit und freundlich waren. Das trifft eigentlich auf alle Mitarbeiter des Educandarios zu! Auch die Mädchen sind unheimlich liebenswert, fröhlich und warmherzig, sodass die Arbeit immer sehr viel Spaß gemacht hat. Insgesamt haben wir 5 Wochen in Santa Tereza verbracht. Die Zeit war leider zu kurz um alle Mädchen durchzubehandeln.
Auch die Tatsache, dass der Karneval so lange dauert hat uns etwas überrascht, denn es geht schon 2 Wochen vor der Karnevalswoche mit Umzügen und Straßenfesten los. Viele der Mädchen arbeiteten dann auf den Straßen und verkaufen Getränke oder Popcorn und Chips, sodass in der Schule wenig los war. Man kann sich kaum vorstellen, wie arm die Kinder tatsächlich sind. Wir sind mit Irma Maria-Alves auch die Familien der Kinder im benachbarten Favela besuchen gegangen um uns ein Bild davon zu machen.
Während unserer Zeit im Kloster haben wir den Karneval in Olinda und Recife miterlebt, sind mit den Famulanten aus den anderen Stationen auch mal an den Strand oder abends in Olinda oder Recife weggegangen. Die Busverbindung nach Recife ist gut, nur sehr chaotisch. Die Bushaltestellen befinden sich vor und hinter dem Kloster. Am Einfachsten ist es, den Busfahrer zu fragen ob er zum gewünschten Ziel fährt und dann den Kassierer zu bitten Bescheid zu geben, wann man aussteigen muss. In Olinda ist besonders der höchste Platz des Ortes “Alto da Sé” zu empfehlen. Vom Kloster ist man in 10min hingelaufen und hat einen wundervollen Ausblick über Olinda und auch Recife. Dort gibt es jedem Menge Straßenstände die Caipirinhas, Tapioca und Acarajé anbieten und gelegentlich auch Musik-Shows.
An den Wochenenden finden im Sommer oft Hochzeiten auf dem Klostergelände statt. Meistens sind wir jedoch über das Wochenende weggefahren. Porto de Galinhas und Maracaipé sind zwei Ortschaften südlich von Recife, an denen man Brasiliens Traumstände genießen kann. Außerdem waren wir in João Pessoa und auf der Insel Itamaraca. Nach unserem Einsatz haben wir eine 3-Itamaraca. Nach unserem Einsatz haben wir eine 3- wöchige Rundreise durch Brasilien geplant. Wir sind von Recife nach Salvador geflogen und von dort weiter in den Nationalpark Chapata Diamantina gefahren. Von Salvador aus flogen wir weiter nach Foz do Iguazu, den großen Wasserfällen an der brasilianisch- argentinischen Grenze. Danach reisten wir Rio de Janeiro und über die Insel Ilha Grande nach Sao Paulo.
Brasilien ist so ein vielfältiges und wunderschönes Land, also nutzt die Zeit vor oder nach der Famulatur, um noch andere Orte zu besuchen. Der Stephan Loose Reiseführer hat uns hierbei gute Dienste geleistet. Bei Südamerika-Reisen ist immer auch die Sicherheit ein großes Thema. Wir haben die Augen immer offen gehalten und einfach die gängigen Hinweise befolgt und hatten weder in Recife noch sonst irgendwo auf der Reise Probleme. Zurück in Deutschland sind wir wir sehr dankbar für die tollen Erfahrungen. Wir haben viele positive Erinnerungen mitnehmen können und vermissen Brasilien jetzt schon ein bisschen. Es ist ein wunderschönes, abwechslungsreiches Land mit schönen und warmherzigen Menschen. Ich kann nur jeden ermutigen das Projekt zu unterstützen und sich selbst ins Abenteuer zu stürzen! Muito obrigada, Brasil!
Von Arne & Patricia